In den Medien und der Politik wird dieser Tage oft heuchlerisch den HeldInnen der Corona-Krise, vom Krankenhaus bis zur Supermarktkassa, gedankt. Der Großteil der dort Beschäftigten ist seit Jahren mit Personalmangel, niedrigen Löhnen und flexiblen Arbeitszeiten belastetet. Konnte man angeblich bisher nun einmal nichts machen… Statt die derzeitige Krise zu nützen bessere Arbeitsbedingungen für diese Berufsgruppen durchzusetzen, stimmt die Gewerkschaft lieber in den Chor der Freunde der Wirtschaft mit ein: „Gewerkschaft lobt Firmen für Kurzarbeit“. Angebracht wäre – heute viel mehr als ohnehin schon – die ProfiteurInnen des Kapitalismus zur Kasse zu bitten statt ihnen ihr Privatvermögen mit unserem Steuergeld abzusichern.
Für die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) ist die Kurzarbeit „ein mustergültiges Instrument, um in dieser schwierigen Zeit der Coronavirus-Krise möglichst viele Arbeitsplätze und den Fortbestand von Unternehmen zu sichern“. Die Gewerkschaftsführung hat sich offensichtlich mit dem Virus für kapitalistischen Schwachsinn angesteckt. Statt gegen Kündigungen zu kämpfen (gerade bei großen, profitablen Unternehmen) hält sie sich mittlerweile anscheinend für die Wirtschaftskammer und will Unternehmen beraten: „Es gibt keinen Grund, dieses Modell nicht zu nutzen“.
„Gelobt seist du, Wirtschaft“
Jetzt ginge es eigentlich darum die Arbeitenden, die gerade unsere Versorgung am Laufen halten bzw. um ihre Jobs bangen müssen, zu stärken – um eine faire Entlohnung und bessere Arbeitsbedingungen in Zeiten der Krise, aber auch in der Zeit danach zu erkämpfen. Stattdessen wird im sozialpartnerschaftlichen Chor ins Lied der Wirtschaft eingestimmt: „Wir wollen ganz bewusst Unternehmen vor den Vorhang holen, die in dieser schwierigen Zeit Verantwortungsbewusstsein für ihre MitarbeiterInnen an den Tag legen“.
Die Gewerkschaftsbürokratie tut das, was sie besonders gut kann: anderen ihr angebliches Eigeninteresse einreden. Die Unternehmen sollen davon überzeugt werden, dass sie doch bitte in ihrem eigenen Interesse Steuergeld kassieren sollen. Die Arbeitenden sollen zum eigenen Wohl dankbar sein, wenn sie nicht sofort gekündigt werden. Mehr darf man sich in Zeiten wie diesen wohl wirklich nicht erwarten…
Unser Vorschlag an die Gewerkschaft: regt doch die Einführung eines „Goldenen Corona-Ehrenzeichens der Republik“ an. Zum Beispiel für diese drei Großunternehmen, die die Gewerkschaft unter anderen explizit als positives Beispiel erwähnt.
Strabag
Der Baukonzern Strabag konnte noch den Umsatz im ersten Halbjahr 2019 (im Vergleich zum Vorjahr) um rund 11% auf knapp sieben Milliarden Euro steigern. Der Konzern hat viele Jahre des soliden Wachstums und mehrfach Jahresgewinne im dreistelligen Millionenbereich hinter sich. Den Besitz teilen sich zu je circa ein Viertel die Familie Haselsteiner, die UNIQUA/Raffeisen NÖ-Wien Gruppe und ein russischer Mischkonzern des Oligarchen Oleg Deripaska (mit steuerschonendem Sitz in Malta). Hans Peter Haselsteiner und Familie verfügen über ein Privatvermögen von 1,8 Mrd. €. Die Verbindungen von Raiffeisen und Uniqua in die Politik sind berüchtigt wie bekannt, etwa die von Ex-Finanzminister Josef Pröll und Hartwig Löger sowie Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (Aufsichtsratsvorsitzender).
KTM
Der oberösterreichische Industriebetrieb (unter anderem Motorräder) machte 2018 einen Umsatz von 1,56 Mrd. Euro und einen Gewinn nach Steuern von 107,7 Mio. Euro – um 28 Prozent mehr als 2017. Das ist das achte Rekordjahr in Folge. 2022 sollen rund 50% mehr Motorräder als 2018 verkauft werden. Erst kürzlich sollte KTM 4,5 Millionen Förderung für die Errichtung der „Motohall“, ein „Museum“ am Firmensitz in Mattighofen, erhalten. (Laut einem neuesten Gutachten war diese Förderung „rechtswidrig“). Im Wahlkampf 2017 hat KTM-Chef Stefan Pierer persönlich mehr als 400.000 € für Kurz’ ÖVP gespendet. Sein Privatvermögen beträgt geschätzte eine Mrd. Euro (unterschiedliche Schätzungen und Zahlen).
Austrian Airlines
Erst im November hat die zur Lufthansa gehörende Fluglinie angekündigt, bis zu 800 Stellen abbauen zu wollen. Es sollen 90 Millionen Euro (anstatt ursprünglich 30 Millionen) eingespart werden. Von 2012 bis 2018 machte die AUA jedes Jahr Gewinne im zweistelligen Millionenbereich, gesamt rund 400 Millionen Euro. Ab 2023 will man einen jährlichen Gewinn von 150 Millionen Euro einfahren. Der Mutterkonzern Lufthansa schreibt regelmäßig Milliardengewinne. Die staatliche Unterstützung im Zuge der Corona-Krise kommt der AUA gerade recht, um einen Teil des Sparpakets umzusetzen und zu finanzieren.
4,5 Hilfspakete
In Österreich gibt es mittlerweile rund 40 MilliardärInnen und rund 160.000 MillionärInnen. Die 100 reichsten ÖsterreicherInnen (UnternehmerInnen, ErbInnen, Familienclans) haben gemeinsam ein Vermögen von über 170 Milliarden Euro – das sind rund 4,5 „Hilfspakete“ der Bundesregierung zu 38 Mrd. Euro.
Ein Vorschlag für ein wirkliches Hilfspaket: Mieten während der Coronakrise sofort aussetzen! Mieten runter! Wer das zahlen soll? Speziell erwähnt werden sollen hier Rene Benko (4-5 Mrd €) und Michael Tojner (rund 1,4 Mrd €), die beide innerhalb weniger Jahre im Immobiliensektor steinreich geworden sind. Könnte ihr Milliardenvermögen mit dem steilen Anstieg der Mieten der letzten Jahre zusammenhängen?
Die Macht der Konzerne…
Es geht hier aber um mehr als die bloße Kontrolle großer Geldsummen. Die erwähnten Konzerne setzen ganz konkret die Interessen des Großkapitals durch. Hier geht es um auf Jahre angelegte Strategien für Wachstum und zur Steigerung der Profite. Dazu gehören auch permanente Überlegungen, wie auf Kosten von Beschäftigten und der Allgemeinheit „gespart“ werden kann. Wie oft schon wurde mit staatlichen Mitteln Arbeitsplätze „gerettet“, die in der nächsten Runde dem Sparstift zum Opfer fallen? Es sind keine Unternehmen, deren Existenz unmittelbar bedroht wäre. Hinter ihnen stehen riesige Vermögen und InvestorInnen, die auf der beständigen Suche nach lukrativen Verwertungsmöglichkeit für ihr Kapital sind.
Ihre Strategie beruht darauf, sich möglichst viel Handlungsspielraum zu schaffen. Dazu gehören etwa Verschlechterungen und Flexibilisierungen im Arbeitsrecht (Stichwort: 12h-Tag), die Senkung der Unternehmensbeiträge für Sozialleistungen (Stichwort: Lohn„neben“kosten) und eine Verringerung von Vermögens- und Unternehmenssteuern (Stichwort: Körperschaftssteuer). Soweit lief es fürs Großkapital in den letzten Monaten und Jahren ausgezeichnet… Und nun werden im Zuge der Coronakrise diesen Unternehmen ihre Profite (zumindest die der letzten Jahre) mit Steuergeld gesichert.
…unterordnen oder brechen!
Die gesellschaftlichen und ökologischen Folgen und Probleme spielen dabei keine Rolle. Die ganze Gesellschaft soll der Logik von Profit und Wachstum untergeordnet werden. Die AUA setzt trotz Klimakrise auf eine Ausweitung von Flugreisen. Die Strabag baut den ImmobilieninvestorInnen ihre Spekulationsobjekte, die teure Mieten und Gentrifizierung fördern. KTM kassiert die „Kultur“förderungen, die kleinen KünstlerInnen und Spielstätten davor gestrichen wurden.
Diese Großunternehmen haben direkten Einfluss auf Gestaltung unserer gesamten Infrastruktur. Sei es, dass im Gesundheitswesen immer weiter gekürzt wird, weil die Beiträge von Unternehmen sinken oder dass auf Druck der Fluglobby am Flughafen Wien die dritte Piste gebaut wird.
Unsere Interessen, nicht ihre!
Um diese und kommende Krisen zu bewältigen müssen wir mit dieser Logik des Kapitals brechen und uns nicht weiter erpressen lassen. Gerade die derzeitige Krise zeigt, wer die Gesellschaft wirklich am Laufen hält: es sind die Arbeitenden selbst. Es sind nicht Unternehmen, die für uns Arbeitsplätze schaffen. Die Arbeit, die gesellschaftlich notwendig ist, ist ohnehin da. Es geht darum, wie wir als Lohnabhängige gemeinsam dafür sorgen, dass alle gesellschaftlich notwendigen Arbeiten erledigt werden und wir für uns selbst gute Arbeits- und Lebensbedingungen schaffen. Das können wir nur, wenn wir uns unserer Macht bewusst werden und unsere Interessen gemeinsam und offensiv durchsetzen.